In der letzten Woche musste unser Spieltag in der Erstaufnahme leider – oder zum Glück? – entfallen, weil in der Einrichtung gerade ein Transfer weg aus Bayreuth lief und kaum Geflüchtete vor Ort waren.
Heute erwartete uns dann das Umgekehrte: ein Transfer kam gerade an und die ersten Familien saßen beim Essen und bezogen ihre Schlafbereiche. Einige Kinder folgten uns in den Spiel- und Wohnbereich im ersten Obergeschoss, wo wir bereits die Wände mit Papier beklebt hatten und unsere Murmelbahn vorbereitet war.
Gemeinsam mit zwei Studentinnen der Soziologie von der Universität Bayreuth waren wir heute personell super aufgestellt und für alle Eventualitäten gewappnet – waren wir etwa überbesetzt? Dieser erste Anschein hielt für etwa eine Stunde an – wir spielten mit drei Kindern, die mit uns alles Material und alle Möglichkeiten ausloteten, und siehe da: die Murmelbahn wurde von den Erwachsenen erobert während wir gemeinsam mit den Kindern Figuren auf unsere großen Papierbahnen zauberten. Wer ist denn da alles zu erkennen?
Dann kam der große Bruder zweier Kinder und auf einmal waren sie alle weg. Wenn wir doch nur verstehen könnten, was seine Ansage war! Wurden sie nur für kurze Zeit weggeholt? Was war denn nun los? Waren wir nicht nur überbesetzt sondern gar überflüssig hier?
Weit gefehlt: innerhalb weniger Minuten kamen weitere Kinder zu uns und schließlich auch etliche Erwachsene. Jetzt erst merkten wir wieder einmal, dass Leute aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Sprachen heute in der Erstaufnahme ankamen und sich auch untereinander nicht immer verständigen konnten.
Die Gemeinsamkeit heute war wieder einmal: Alle ergriffen die Stifte und das Papier, unsere Kratz-Papiere – Bilder von Landschaften entstanden, von Schriftzügen, schön gestaltete Namen
und schließlich bewies Marco, dass nicht nur Geflüchtete sehr gut zeichnen können: seine iranisch-kurdische Flagge mit einem Löwen vor einer Sonne beeindruckte auch die anwesenden Kurden!
In der Zwischenzeit waren auch unsere drei Kinder vom Anfang wieder aufgetaucht und der Spielbereich voller Maler oder Spieler (unsere Brettspiele Quoridor und Schnips-Spiel fanden schnell neue Freunde).
Heute herrschte hier eine besondere Atmosphäre voller gegenseitigen Respekts, Materialien wurden schonend behandelt, ohne Ansage aufgeräumt und zum ersten Mal wurde auf unserem Lautsprecher „europäische“ elektronische Musik und sogar deutscher Rap vom Handy der Geflüchteten gespielt.
Kurz vor Ende unserer Spielzeit verschwanden dann doch noch mehrere Kinderhände voller Murmeln in diversen Hosentaschen – die Bitte eines Erwachsenen um weißes Papier zum Zeichnen, wenn wir nicht da sind, erstaunt uns inzwischen nicht mehr, dennoch zeigt sie den Mangel, der hier herrscht.
Wir kommen wieder – sogar schon übermorgen und bringen wieder Spielanregungen mit und freuen uns auf gemeinsam kreativ verbrachte Zeit mit besonderen Begegnungen!
Eure Alex